Realverbände

Aus historisches Emmerthal Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Realverbände

Realverbände - oder Teilungs- und Verkoppelungsinteressentschaften - haben in aller Regel eine lange und teilweise Jahrhunderte alte Tradition. Die altrechtlichen land- und forstwirtschaftlichen Verbände sind lange vor den heutigen politischen Gemeinden entstanden.

Die Bauern innerhalb eines Dorfes waren Träger der sogenannten Markgenossenschaften, die neben der Verwaltung und Nutzung der Allmende auch allgemeine Verwaltungsaufgaben in der Dorfgemeinschaft übernahmen. Den ersten einschneidenden Wandel erfuhren die Markgenossenschaften im 19. Jahrhundert. Die Allmende wurde im Rahmen der zu dieser Zeit einsetzenden Gemeinheitsteilung und Verkoppelung – der heutigen Flurbereinigung – aufgeteilt.

Vor allem der Wald wurde allerdings teilweise von dieser Teilung ausgenommen, sodass sich die alten Markgenossenschaften über die Teilung und Verkoppelung hinaus erhalten haben. Schon damals hatte man erkannt, dass vor allem Wald nur in entsprechend größeren Einheiten sinnvoll bewirtschaftet werden kann. Die Bauern hatten weiterhin ein gemeinschaftliches Nutzungsrecht an dem Wald: Die Geburtsstunde der Forstgenossenschaften.

In den niedersächsischen Landesteilen wurde diesen Verbänden ein gesetzlicher Rahmen gegeben. So galt beispielsweise in Hannover das „Gesetz betreffend die Verfassung der Realgemeinden in der Provinz Hannover“ aus dem Jahr 1888. Dieses alte, recht unübersichtliche Recht galt bis zum Inkrafttreten des Realverbandsgesetzes im Jahr 1969 fort. Die Verbände, die weiterhin gemeinsam Wald nutzen, also die Forstgenossenschaften, gehören nach dem heutigen Realverbandsgesetz zu den Verbänden mit sogenannten selbständigen Verbandsanteilen. Das bedeutet, dass die Anteile an dem Verband – ähnlich den heutigen Genossenschaften oder Aktiengesellschaften – selbstständig handelbar sind.

Mit den Teilungs- und Verkoppelungsverfahren in der aufgeteilten Feldmark galt das gemeinschaftliche Interesse der Bauern der landwirtschaftlichen Infrastruktur, allen voran Wegen und Gräben; sie wurden zu gemeinschaftlichen Angelegenheiten erklärt. Es bildeten sich in den verschiedenen Landesteilen Verbände, in denen die Grundeigentümer eigenverantwortlich ihre Infrastruktur verwalteten. Mitglieder der Verbände waren alle Grundeigentümer einer Feldmark.

Wie schon bei den Forstgenossenschaften galten auch hier bis zum Jahr 1969 die verschiedenen Landesgesetze fort, so beispielsweise in Hannover das „Gesetz betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten“ aus dem Jahr 1887.

Diese häufig als Feldmarkinteressentenschaften bezeichneten Verbände fallen nach dem heutigen Realverbandsgesetz in die Gruppe der Verbände mit unselbständigen Verbandsanteilen. Diese Verbandsanteile sind untrennbar mit dem Grundeigentum im Verbandsgebiet verbunden und nicht selbstständig übertragbar.


Bibliographie:

Golkowsky, Rudolf, Die Gemeinheitsteilungen im nordwestdeutschen Raum, Hannover 1966

Hölscher, Wilhelm, Frenke : Begegnung mit der Geschichte unseres Ortes, Lübeck 2000, S. 336-338 Müller, Doris, Hajen – Unser Dorf im Jahr 2005, Manuskript, Hajen 2005